Dr. Dagmar Scharnagel
Würdigung der Leistung
Dr. Dagmar Scharnagel wird für ihre Dissertation „Chirale, rigide Diamine – Von Liganden zu Bispidin-Naturstoffen“ mit dem Preis der Stadt Bayreuth geehrt. Viele chemische Verbindungen existieren in zwei zueinander spiegelbildlichen Formen (genannt Enantiomere), zur Veranschaulichung reicht ein Blick auf die eigene rechte bzw. linke Hand. Die Eigenschaften der Enantiomere können sich z.B. in biologischen Systemen drastisch unterscheiden. Die Entwicklung neuer Methoden, mit denen sich solche Moleküle gezielt entweder in der Bildform oder in der Spiegelbildform aufbauen lassen, und die enantioselektive Synthese komplexer, bioaktiver Naturstoffe (z.B. für biologisch-medizinische Studien) sind zwei Schwerpunktthemen der modernen Organischen Chemie.
Frau Dr. Scharnagel hat auf beiden Gebieten gearbeitet und laut ihrem Doktorvater Prof. Dr. Matthias Breuning (Lehrstuhl Organische Chemie I/2) beeindruckende Ergebnisse erzielt. So entwickelte sie gemeinsam mit zwei anderen Doktoranden einen neuen chiralen Liganden für enantioselektive, Kupfer-katalysierte Henry-Reaktionen, dessen Leistungsfähigkeit die aller anderen Liganden bei Weitem übertrifft. Des Weiteren hat sie auf dem Sektor der Naturstoffsynthese erstmals einen enantioselektiven und modularen Zugang zu Bischinolizidin-Alkaloiden realisiert. Das pharmakologische Wirkungsspektrum dieser Naturstoffe ist breit. So werden einige Naturstoffe als Antiarrhythmikum zur Behandlung von Herzrhythmusstörungen („Spartein“) oder als Nikotin-Ersatzstoff bei der Raucherentwöhnung („Cytisin“) eingesetzt. Frau Dr. Scharnagel gelang erstmals die enantioselektive Darstellung des Kernbausteins und durch die von ihr gewählte ‚Inside-Out‘-Strategie konnte sie letztendlich nicht nur – wie sonst üblich – einen oder wenige, sondern mehr als fünfzehn dieser Naturstoffe (u.a. auch Spartein und Cytisin) präparieren. Prof. Breuning sowie der Zweitgutachter Prof. Dr. Rainer Schobert sind beeindruckt von dem außerordentlichem Engagement und der überdurchschnittlichen Leistung von Frau Dr. Scharnagel. So fanden sie lobende Worte wie „bestechende Kreativität und fachliche Kompetenz, gepaart mit der Fähigkeit des analytischen Denkens“ und „Frau Scharnagel legt eine beeindruckende, inhaltsreiche und mit ungewöhnlichen Synthesestrategien und -schritten prall gefüllte Arbeit vor“. Da wundert es nicht, dass sie sowohl für ihr Kolloquium als auch ihre schriftliche Dissertationsarbeit die Bestnote „summa cum laude“ erhielt.
Wichtigste Stationen des Lebenslaufes
Dr. Dagmar Scharnagel, geboren 1987 in Würzburg, schloss ihr Chemiestudium an der Julius-Maximilians-Universität Würzburg mit Bestnoten ab (Bachelor 1,1 und Master 1,0). Für ihre Leistungen wurde sie zweimal mit dem Fakultätspreis der Uni Würzburg ausgezeichnet. Für die Promotion wechselte sie an die Universität Bayreuth. „Als Förderung für ihre Doktorarbeit konnte Frau Scharnagel ein Stipendium der renommierten, deutschlandweit agierenden Beilstein-Stiftung erwerben, was die Aktualität, Qualität und das Niveau ihrer Forschungsarbeiten auch seitens externer Gutachten bestätigt“, so ihr Doktorvater Prof. Dr. Matthias Breuning. Derzeit forscht Dr. Dagmar Scharnagel im Rahmen eines Postdoktoranden-Aufenthalts in Tarragona, Spanien. Im Anschluss zieht sie es wieder nach Deutschland, wo sie die nächsten Schritte ihrer akademischen Karriere machen möchte.